Donnerstag, 7. April 2016

Bisschen schickimicki, der Chia-Samen




Um eins vorweg zu nehmen, ich mag den Chia-Samen. Sehr. Vom Geschmack her. Auch wenn er davon nicht allzuviel besitzt. Bei allem anderen bin ich, nun, wie soll ich sagen, vorsichtig. Mit allem anderen meine ich zum Beispiel die Bezeichnung „Superfood“, die häufig, ganz trendorientiert, mit der zur Gattung der Salbeipflanzen gehörenden mexikanischen Pflanze, daherkommt. Somit ist der Chia-Samen natürlich zwingender hipper und fester Bestandteil aller Küchen gesundheits- und ernährungsbewusster sowie trendiger Menschen. Die Geschichte des Mexikanischen Chia muss ich an dieser Stelle sicherlich nicht groß erzählen. Sie ist hinreichend bekannt und ansonsten gibt es diesbezüglich genug im Web – hier sind sich übrigens alle Verfasser einig. Ich überspringe deshalb mal die Geschichte und wir befinden uns *bling* im Jahre 2009. Denn da erlaubte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die Einfuhr von Backwaren mit maximal fünf (!) Prozent Chia-Samen. 2013 durften es dann 10 Prozent sein und es wurde ebenfalls dem Import von ganzen Chia-Samen als verpacktes Lebensmittel zugestimmt. Die als gesundheitlich unbedenkliche Aufnahme empfehlen sie auf höchstens 15 Gramm täglich zu begrenzen, in den USA wird als Höchstmenge pro Tag 48 Gramm empfohlen. Hatte ich schon erwähnt, dass Chia-Samen bis dahin in Europa ausschließlich als Hühnerfutter genutzt wurde? Nee. Hab ich nicht. Aber man hatte die Verfütterung auch schnell wieder aufgegeben nachdem man festgestellt hatte, dass die Hühner dadurch kleinere Eier legten… Na ja, wir müssen ja keine Eier legen. 

Verwendung findet der Samen viele. Selbst bei Veganern hat er mittlerweile einen hohen Sympathie- und Stellenwert. Aufgegossen mit Wasser, Soja-, Reis- oder Mandelmilch bilden die Samen nämlich ein sättigendes Gel, welches zum Beispiel bei Backrezepten auch anstatt Eiern verwenden werden kann. Also ein Ersatz für Gelatine und Agar-Agar. Ansonsten kann man die  Samen ins Müsli streuen, über Salat, in Smoothies verwenden, in Brot und Pfannkuchen verarbeiten und, und, und. Die Anhängerschaft hierzulande wächst ebenso wie die Kreativität bei der Verwendung. Der Geschmack ist ja das eine, dann dürften und müssten aber für mich viele Nahrungsmittel den Beinamen „Superfood“ tragen. Was also hat es denn jetzt genau damit auf sich? Da wäre zunächst die Tatsache, dass Chia fünfmal so viel Kalzium enthält wie Milch. Der Eisengehalt ist höher als der vom Spinat. Kein Kunststück, Spinat enthält ja nicht viel. Chia beinhaltet aber auch viele Antioxidantien, Mineral- und Ballaststoffe. Den enthaltenen Phenolsäuren wird zum Beispiel nachgesagt, dass sie im Körper als Radikalfänger die Zellen schützen. Das enthaltene pflanzliche Eiweiß besitzt eine relativ hohe Wertigkeit. Ach ja, 30% Fett enthalten dieses winzige, häufig in Rudeln auf unseren Tellern gefundene, Superfood auch. Bisschen was ist ja immer... Macht nix. Unser Körper kann ja einiges leisten. Zum Beispiel daraus ein gewisse Menge an langkettiger Omega-3-Fettsäuren wie EPA und DHA bilden. Diese Fettsäuren gelten unter anderem als entzündungshemmend. Gesundheitsfördernd, Krankheiten vorbeugend und beim Abnehmen helfend, all diese Wunderkräfte sind bisher in keiner einzigen Studie belegt. Darauf machte der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer unlängst ausdrücklich im „Deutschlandradio Kultur“ aufmerksam.

Wer den Chia-Samen also mag und essen möchte, warum nicht. Genießt ihn. Mir schmeckt er ja auch. Aber wie alles im Leben sollte man es vielleicht in Maßen machen. Denn wie jeder Trend ist auch dieser ein kostspieliger – ein Kilogramm Chia-Samen kostet um die 40 Euro. Und macht euch bitte im Zeitalter des Klimawandels keine Gedanken über den extrem hohen CO2-Fußabdruck, den man durch den Import transatlantischer Lebensmittel mit zu verantworten hat. Ups. Nicht darüber nachgedacht? Alles gut. Ich kenne da ein paar kostengünstigere Alternativen wie zum Beispiel Leinsamen, gerne auch geschrotet oder Rapsöl. Besonders der Leinsamen kann, was die Nährwerte angeht, hervorragend mit dem "Superfood" Chia-Samen mithalten.

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