Montag, 25. April 2016

Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, ist es viel besser...




Das Ruhrgebiet. Der Kohlenpott. Noch immer lastet ihm der Ruf nach, schmutzig und zu sein. Und wie immer hält sich schlechtes länger als das man an das Gute glauben mag. Besonders bei denen, die schon Jahre nicht mehr dort waren. Das Ruhrgebiet. Dat is Schalke un Dortmund. Du kannst auch nicht beides. Entweder gehste auf Schalke oder ins Dortmunder Stadion. Der Ruhrpottler trinkt Bier, isst seine Currywurst un Pommes Schranke. So. Seinem Dialekt bleibt er sein Leben lang treu und ist stolz darauf. Das wiederum ist ein bisschen wie mit dem Bayern, mir san halt mir. Der Ruhrpottler ist ein einfacher, gradliniger Mensch. Die Gegend sollte man großräumig, außer man will zum Fussball, umfahren. Hat nix zu bieten un is eh immer Stau auf de A 40. Ruhrgebiet halt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Wunderbar! Weltoffen wie wir alle sind, haben wir uns mal wieder schnell einem Klischee bedient. Sehr fein. Da bleibt natürlich kein Platz mehr für anderes. Lest ihr noch? Gut. Dann werfe ich euch jetzt einmal ein paar Begriffe zu: Herrlich grüne Landschaft, Kultur vielfältigster Art und Weise, UNESCO Weltkulturerbe, kulinarisch leuchten die Sterne, wunderbare Biergärten. Na, wo bin ich? Im heutigen Ruhrgebiet. Natürlich weiß ich, dass es - noch - nicht überall so ist. Aber anderswo ist auch nicht alles schön… das Ruhrgebiet hat sich geändert. Ändert sich. Man genießt Lifestyle, trifft sich mit Freunden zum Essen oder einfach um etwas zu trinken. Gerne ein Glas Küwee. Oder zwei. Küwee??? Ja. Küwee. Ja, auf die Sprache ist man hier wirklich stolz. Was soll die umständliche Schreibweise von Fremdwörtern? (Anm. der Redaktion: Küwee ist im restlichen Deutschland als Cuvée bekannt. Ursprünglich kommt der Begriff aus dem französischen und wird in Frankreich für jeden separat abgefüllten Wein eines Weingutes bezeichnet. Im deutschsprachigen Raum ist die Cuvée ein Synonym für einen Verschnitt. Gemeint ist entweder das gemeinsame Keltern oder auch das Vergären von verschiedenen Rebsorten in einem Gärbehälter zur Herstellung von zum Beispiel Wein.) Eine Gruppe von Weinenthusiasten aus dem Ruhrgebiet hat es sich zur Aufgabe gemacht, Deutschlands größte Metropolregion mit der Begeisterung für Wein anzustecken. Verbindet traditionelles, auch etwas worauf man im Ruhrgebiet stolz ist, mit modernem und nennt den Wein einfach „Glück auf Küwee“. 

Das Team von „Weine vor Freude“, die seit 2013 jährlich stattfindende gleichnamige Veranstaltung - sie erfreut sich ständig wachsender Beliebtheit - hat mit mehreren Winzern zusammen Weine kreiert, die zwischen Zechenkultur und Budenzauber die Menschen zu begeistern vermögen. Weine, die zum Ruhrgebiet gehören und passen. Lebendig, ehrlich, natürlich, bodenständig. - Auch wenn die Trauben an anderen Orten gedeihen. Der Wein soll zur Currywurst schmecken und zum Entrecôte passen, er soll nicht etepetete sein, sondern unkompliziert. Wie halt auch der Name. Glück auf Küwee. Unterschiedlich wie das Ruhrgebiet, sind auch die Produktionsstätten der Weine und des Seccos. So setzt sich der Weißwein aus den Rebsorten Müller-Thurgau und Silvaner zusammen und kommt vom Weingut Graf von Weyher aus der Pfalz. Der Rotwein, bestehend aus den Rebsorten Protugieser und Spätburgunder, kommt aus Bermersheim, Rheinhessen. Christian Peth vom Weingut Peth-Wetz trägt gerne die Verantwortung für den roten Küwee. Der Rosé, hier sind es dieselben Rebsorten wie beim Rotwein, kommt vom rheinhessischen Weingut Schmitt. Prickelnd wird es mit einem Secco aus Weißburgunder- und Kernertrauben. Das Weingut Schweder aus der Pfalz zeichnet sich hierfür verantwortlich. 

Doch leider reicht ein köstlicher Wein alleine nicht, wenn es keine Menschen gibt, die ihn trinken. Man kann auch nichts trinken, wenn man nicht weiß, dass es das gibt. Deshalb möchte „Weine vor Freude“ das Projekt „Glück auf Küwee“ über die Grenzen des Ruhrpotts hinaustragen und dieses durch eine Crowdfunding-Kampagne finanzieren. Bis zum 04. Mai hat man noch die Möglichkeit diese unter www.startnext.com/glueck-auf-kuewee zu unterstützen. Auch wenn man nicht im Ruhrpott zu Hause ist. 

Zur Veranstaltung „Weine vor Freude“ feiert ganz Bochum an unterschiedlichen Orten den Wein und das Leben. Namhafte Winzer präsentieren sich und ihre Weine. Locker, entspannt. Was schmeckt wird gelobt, was nicht den eigenen Gaumen erfreut, nicht mehr getunken. Allen und allem zur Freude. Mehr zu der Veranstaltung, was, wann, wo und Tickets sowie alles zum „Glück auf Küwee“ findet ihr auf www.weine-vor-freude.de. Auch wenn ich nicht überall sein kann, hier werde ich ganz bestimmt sein. Wir sehen uns doch, oder?!?

Donnerstag, 7. April 2016

Bisschen schickimicki, der Chia-Samen




Um eins vorweg zu nehmen, ich mag den Chia-Samen. Sehr. Vom Geschmack her. Auch wenn er davon nicht allzuviel besitzt. Bei allem anderen bin ich, nun, wie soll ich sagen, vorsichtig. Mit allem anderen meine ich zum Beispiel die Bezeichnung „Superfood“, die häufig, ganz trendorientiert, mit der zur Gattung der Salbeipflanzen gehörenden mexikanischen Pflanze, daherkommt. Somit ist der Chia-Samen natürlich zwingender hipper und fester Bestandteil aller Küchen gesundheits- und ernährungsbewusster sowie trendiger Menschen. Die Geschichte des Mexikanischen Chia muss ich an dieser Stelle sicherlich nicht groß erzählen. Sie ist hinreichend bekannt und ansonsten gibt es diesbezüglich genug im Web – hier sind sich übrigens alle Verfasser einig. Ich überspringe deshalb mal die Geschichte und wir befinden uns *bling* im Jahre 2009. Denn da erlaubte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit die Einfuhr von Backwaren mit maximal fünf (!) Prozent Chia-Samen. 2013 durften es dann 10 Prozent sein und es wurde ebenfalls dem Import von ganzen Chia-Samen als verpacktes Lebensmittel zugestimmt. Die als gesundheitlich unbedenkliche Aufnahme empfehlen sie auf höchstens 15 Gramm täglich zu begrenzen, in den USA wird als Höchstmenge pro Tag 48 Gramm empfohlen. Hatte ich schon erwähnt, dass Chia-Samen bis dahin in Europa ausschließlich als Hühnerfutter genutzt wurde? Nee. Hab ich nicht. Aber man hatte die Verfütterung auch schnell wieder aufgegeben nachdem man festgestellt hatte, dass die Hühner dadurch kleinere Eier legten… Na ja, wir müssen ja keine Eier legen. 

Verwendung findet der Samen viele. Selbst bei Veganern hat er mittlerweile einen hohen Sympathie- und Stellenwert. Aufgegossen mit Wasser, Soja-, Reis- oder Mandelmilch bilden die Samen nämlich ein sättigendes Gel, welches zum Beispiel bei Backrezepten auch anstatt Eiern verwenden werden kann. Also ein Ersatz für Gelatine und Agar-Agar. Ansonsten kann man die  Samen ins Müsli streuen, über Salat, in Smoothies verwenden, in Brot und Pfannkuchen verarbeiten und, und, und. Die Anhängerschaft hierzulande wächst ebenso wie die Kreativität bei der Verwendung. Der Geschmack ist ja das eine, dann dürften und müssten aber für mich viele Nahrungsmittel den Beinamen „Superfood“ tragen. Was also hat es denn jetzt genau damit auf sich? Da wäre zunächst die Tatsache, dass Chia fünfmal so viel Kalzium enthält wie Milch. Der Eisengehalt ist höher als der vom Spinat. Kein Kunststück, Spinat enthält ja nicht viel. Chia beinhaltet aber auch viele Antioxidantien, Mineral- und Ballaststoffe. Den enthaltenen Phenolsäuren wird zum Beispiel nachgesagt, dass sie im Körper als Radikalfänger die Zellen schützen. Das enthaltene pflanzliche Eiweiß besitzt eine relativ hohe Wertigkeit. Ach ja, 30% Fett enthalten dieses winzige, häufig in Rudeln auf unseren Tellern gefundene, Superfood auch. Bisschen was ist ja immer... Macht nix. Unser Körper kann ja einiges leisten. Zum Beispiel daraus ein gewisse Menge an langkettiger Omega-3-Fettsäuren wie EPA und DHA bilden. Diese Fettsäuren gelten unter anderem als entzündungshemmend. Gesundheitsfördernd, Krankheiten vorbeugend und beim Abnehmen helfend, all diese Wunderkräfte sind bisher in keiner einzigen Studie belegt. Darauf machte der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer unlängst ausdrücklich im „Deutschlandradio Kultur“ aufmerksam.

Wer den Chia-Samen also mag und essen möchte, warum nicht. Genießt ihn. Mir schmeckt er ja auch. Aber wie alles im Leben sollte man es vielleicht in Maßen machen. Denn wie jeder Trend ist auch dieser ein kostspieliger – ein Kilogramm Chia-Samen kostet um die 40 Euro. Und macht euch bitte im Zeitalter des Klimawandels keine Gedanken über den extrem hohen CO2-Fußabdruck, den man durch den Import transatlantischer Lebensmittel mit zu verantworten hat. Ups. Nicht darüber nachgedacht? Alles gut. Ich kenne da ein paar kostengünstigere Alternativen wie zum Beispiel Leinsamen, gerne auch geschrotet oder Rapsöl. Besonders der Leinsamen kann, was die Nährwerte angeht, hervorragend mit dem "Superfood" Chia-Samen mithalten.